§ 32e BDSG
Datenerhebung ohne Kenntnis des Beschäftigten zur Aufdeckung und Verhinderung von Straftaten und anderen schwerwiegenden Pflichtverletzungen im Beschäftigungsverhältnis

Arbeitnehmerdatenschutzgesetz

(1) Der Arbeitgeber darf Beschäftigtendaten nur mit Kenntnis des Beschäftigten erheben.

(2) Der Arbeitgeber darf Beschäftigtendaten ohne Kenntnis des Beschäftigten nur erheben, wenn

  1. Tatsachen den Verdacht begründen, dass der Beschäftigte im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat oder eine andere schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat, die den Arbeitgeber bei einem Arbeitnehmer zu einer Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen würde, und
  2. die Erhebung erforderlich ist, um die Straftat oder die andere schwerwiegende Pflichtverletzung aufzudecken oder um damit im Zusammenhang stehende weitere Straftaten oder schwerwiegende Pflichtverletzungen des Beschäftigten zu verhindern.

(3) Die Erhebung nach Absatz 2 muss nach Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass verhältnismäßig sein. Sie ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise erschwert oder weniger erfolgversprechend wäre. Die Erhebung ist abzubrechen, wenn der Zweck nicht zu erreichen ist; sie ist zu unterbrechen, wenn der Zweck nur vorübergehend nicht zu erreichen ist. Die Dauer ist auf das Unerlässliche zu beschränken.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 ist die Erhebung von Beschäftigtendaten unzulässig, wenn sie erfolgt mit Hilfe

  1. einer planmäßig angelegten Beobachtung, die länger als 24 Stunden ohne Unterbrechung oder an mehr als vier Tagen stattfinden soll,
  2. technischer Mittel zum Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes oder 3. sonstiger besonderer technischer Mittel, die für Beobachtungszwecke bestimmt sind.

Satz 1 Nr. 3 gilt nicht für den Einsatz von Ferngläsern und Fotoapparaten.

(5) Der Arbeitgeber darf die nach Absatz 2 erhobenen Daten nur für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, verarbeiten und nutzen. Die den Verdacht begründenden Tatsachen sind vor der Datenerhebung zu dokumentieren. Die näheren Umstände der Datenerhebung nach den Absätzen 2 bis 4 sind unverzüglich nach der Datenerhebung zu dokumentieren. § 4d Absatz 5 ist anzuwenden. Der Beschäftigte ist über die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zu unterrichten, sobald deren Zweck durch die Unterrichtung nicht mehr gefährdet wird.

(6) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen des Beschäftigten einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Der Grund der Speicherung der Daten und die Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Dokumentation ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

(7) Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, darf der Arbeitgeber nicht erheben, verarbeiten oder nutzen. Wurden solche Daten entgegen Satz 1 gespeichert, sind sie unverzüglich zu löschen. Absatz 6 Satz 2 bis 4 ist entsprechend anzuwenden.

Kommentar und Urteile zum Arbeitnehmerdatenschutz

Erläuterungen des BMI

Ohne Kenntnis (§ 32e): Ohne Kenntnis der Betroffenen darf der Arbeitgeber Beschäftigtendaten nur erheben, wenn ein konkreter Verdacht besteht, dass der Beschäftigte im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat oder andere schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat. Die Erhebung der Daten muss erforderlich sein, um die Taten aufzudecken oder weitere damit zusammenhängende Taten zu verhindern.

Darüber hinaus ist der betriebliche Datenschutzbeauftragte vorab einzuschalten. Unzulässig ist eine Datenerhebung ohne Kenntnis des Beschäftigten, wenn sie mit Hilfe einer planmäßig angelegten Beobachtung, die länger als 24 Stunden ohne Unterbrechung oder an mehr als 4 Tagen stattfinden soll, wenn technische Mittel zum Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes eingesetzt werden oder wenn sonstige besondere technische Observationsmittel eingesetzt werden (zulässig sind nur Ferngläser und Fotoapparate).

Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung (z.B. der Privatwohnung) dürfen nicht erhoben, verwendet oder genutzt werden.

Quelle: Hintergrundpapier zum Beschäftigtendatenschutz (BMI)

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Stellungnahme der GDD

Zu § 32e BDSG-E: § 32e Nr. 1 BDSG-E stellt darauf ab, dass ein Verdacht gegen einen Beschäftigten vorliegt, im Beschäftigungsverhältnis eine schwerwiegende Vertragsverletzung begangen zu haben. In der Praxis wird es aber vielfach so sein, dass sich der Verdacht der schwerwiegenden Vertragsverletzung nicht gegen einen einzelnen Beschäftigten, sondern gegen eine Gruppe von Beschäftigten richtet, von denen einzelne oder mehrere die Tat begangen haben können. Insoweit bedarf es einer entsprechenden Anpassung des Gesetzestextes, wonach der Verdachtsmoment auf Beschäftigte (Plural) abstellt. Eine entsprechende Vorbildregelung für den Verdacht hinsichtlich einer Beschäftigtengruppe enthält § 32f Abs. 2 BDSG-E.

Abzustellen ist nach § 32e Nr. 1 BDSG-E auf eine schwerwiegende Vertragsverletzung zu Lasten des Arbeitgebers, die diesen zu einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen würde. Als Voraussetzung für konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung der Compliance birgt dies erhebliche Risiken. Die Hürden für eine fristlose Kündigung gem. § 626 BGB sind sehr hoch und in der Regel auch unwägbar. Im Vorfeld ist kaum sicher prognostizierbar, ob sich bestehende Verdachtsmomente bestätigen werden und die aufzudeckende Vertragsverletzung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen wird. Daher sollte allein auf den konkreten Verdacht einer schwerwiegenden Vertragsverletzung abgestellt werden.

Quelle: GDD-Stellungnahme zum Referentenentwurf zum Beschäftigtendatenschutz

Querverweise zum Arbeitnehmerdatenschutz